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Vorfälligkeitsentschädigung beim Immobilienverkauf: Wie hoch sind die Kosten für eine vorzeitige Ablösung des Kredits?

Sie möchten Ihr Mehrfamilienhaus veräußern und Ihr Festzinskredit auf die Immobilie läuft noch keine 10 Jahre ? Grundsätzlich stellt dies kein Problem dar. Ein Recht auf die Kündigung des Immobilienkredits gibt es nur bei „berechtigtem Anliegen“. Dieses liegt dann vor, wenn Sie Ihre Immobilie veräußern möchten. Dieses Recht zur vorzeitigen Kündigung des Darlehens (Sonderkündigungsrecht) kann allerdings mit einer Vorfälligkeitsentschädigung an den Darlehensgeber – Bank – einhergehen. Es ist daher äußerst ratsam sich mit diesem Thema vor dem Verkauf auseinanderzusetzen. Daher geben wir Ihnen nachfolgend einen groben Überblick, wann und ob eine Vorfälligkeitsentschädigung anfällt und wie sich deren Höhe berechnen lässt. 

Grundsätzliches

Wird ein Kredit vorzeitig zurückgezahlt, entsteht ein Schadensersatzanspruch des Kreditgebers. Die gesetzliche Bezeichnung für diesen Schadensersatzanspruch lautet „Vorfälligkeitsentschädigung“. Bei mit einem Grundpfandrecht besicherten Krediten ist er gesetzlich bestimmt und eingeschränkt: Ein Darlehen mit Zinsbindung über die gesamte Laufzeit kann gekündigt werden ohne dass ein Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung entsteht, wenn seit der vollständigen Auszahlung des Darlehens 10 Jahre vergangen sind. Die Kündigungsfrist beträgt sechs Monate, frühestens beginnend mit dem Ablauf der 10-Jahres-Frist.

Ist der Schadensersatzanspruch der Banken, die Vorfälligkeitsentschädigung, gerechtfertigt?

Banken verleihen nicht das eigene Geld, sondern das der Einleger. Kredite müssen durch Einlagen mit in etwa derselben Laufzeit ermöglicht werden. Die Struktur von Einlagen und Ausleihungen muss exakt belegt werden und wird durch die Aufsichtsbehörden streng überwacht. Die immer wieder auftretende Kündigung von Sparverträgen durch Kreditinstitute aller Größenordnungen erfolgt nicht böswillig, sondern ist Teil der Verwerfungen, die die niedrigen Zentralbankzinsen verursachen. Verliert die Bank einen Kredit, müssen Anlegern dennoch weiter Habenzinsen bezahlt werden.

Ein weiteres Problem ist der Aufwand, der für die Bearbeitung eines mit einem Grundpfand besicherten Kredits notwendig ist. Der Vorgang ist im Unterschied zum Ratenkredit nicht informatisch darstellbar und kostet erhebliche qualifizierte, also teure menschliche Arbeitszeit.

Wie berechnet sich die Vorfälligkeitsentschädigung?

Grundsätzlich gibt es zwei Varianten, die Aktiv-Aktiv-Methode und die Aktiv-Passiv-Methode.

Die Aktiv-Aktiv-Methode: Sie beruht auf der Annahme, dass die Bank das Geld aus dem vorzeitig zurückgezahlten Kredit wieder, allerdings zu einem niedrigeren Zinssatz, ausleihen kann. Allein die Zuordnungsproblematik (zu welchem frisch vergebenen Kredit gehört das zurückgezahlte Kapital?) verweist diese Idee in den akademischen Bereich: In der Bankpraxis taucht sie nicht auf und wird auch in keinem der zahlreichen Urteile deutscher Gerichte in dieser Sache gefordert, ist aber bei gewissen selbst ernannten Verbraucherschützern sehr beliebt.

Bei der Aktiv-Passiv-Methode hat sich in der Rechtsprechung aufgrund eines höchstrichterlichen Urteils durchgesetzt, dass die Höhe der Verzinsung von Pfandbriefen als Grundlage für die Schadensberechnung dient.

Die Verzinsung von Pfandbriefen

Die Bundesbank veröffentlicht täglich die aktuelle Zinsstruktur für Pfandbriefe. Praktischerweise werden sie für die Restlaufzeiten angezeigt (Tägliche Zinsstruktur für Pfandbriefe). Liegt der Kündigungszeitpunkt in der Zukunft, muss man sich mit der letzten aktuellen Information begnügen. Der Stichtag für die Berechnung der Bank ist der, an dem Sie den ausstehenden Betrag erhält.

Von der Zinsschuld abzuziehen sind pauschal 0,10 % Risikokosten (Die Bank nimmt auf Kredite eine pauschale Wertberichtigung vor, die bei vorzeitiger Rückzahlung entfällt) und ein Verwaltungskostenanteil von ca. 60 Euro/Jahr. Beide Werte sind durchschnittlich gewählt.

Ein Beispiel – allerdings ohne Anspruch auf Gültigkeit

Restschuld zum 30.09.2020 50.000,00 Euro
Ende der Zinsbindung des Kredits 30.09.2024

Monatliche Rate Zins/Tilgung 400,00 Euro
Zinssatz 3,5 %

Erspartes Verwaltungskosten 241,89 Euro
Bruttozinsschaden 6.711,55 Euro
Erspartes Risiko ./. 176,01 Euro
Erspartes Verwaltungskosten ./. 241,89 Euro
Vorfälligkeitsentschädigung 6.293,66 Euro

Restschuld 36.925,14 Euro

Will man den Kredit ablösen, benötigt man die Summe aus Restschuld und Vorfälligkeitsentschädigung.

Es gibt viele Möglichkeiten, die Vorfälligkeitsentschädigung kleiner zu rechnen, zwei sind sehr bekannt, eine davon hat Eingang in die Rechtsprechung gefunden.

Waren Sondertilgungen erlaubt und sind erfolgt, reduzieren sich die Beträge im Vergleich zum Ausgangstilgungsplan. Die Vorfälligkeitsentschädigung darf bei Verbraucherkrediten nicht die Höhe der noch zu leistenden Zinsen übersteigen. Übertragen auf das obige Beispiel wären nur 6.125 Euro zu zahlen. Die Rechtsprechung hat diese Praxis (noch) nicht auf grundpfandbesicherte Kredite übertragen.

Immobilienverkauf trotz Vorfälligkeitsentschädigung überhaupt sinnvoll ?

Bei einem Verkauf eines Mehrfamilienhauses kann aufgrund des höheren Kaufpreises/Darlehensbetrags, als z.B. für eine Eigentumswohnung, oftmals höhere Entschädigungsentgelte von 10.000 € oder mehr entstehen. Bei solchen Beträgen können Sie als Immobilienbesitzer gerne mal ins Nachdenken kommen, ob dies überhaupt für Sie sinnvoll ist. Jedoch ist unbedingt zu bedenken, dass durch eine vorzeitige Kreditablösung in der Zukunft keinerlei Zinsen mehr anfallen, die Sie sowieso über die restliche Laufzeit gezahlt hätten. Es kann also gute Gründe geben, trotz Vorfälligkeitsentschädigung, Ihre Immobilie zu verkaufen. Unter gewissen Umständen können Sie sogar die Vorfälligkeitsentschädigung durch einen Sicherheitentausch oder einem Schuldnertausch umgehen. Speziell letzteres kann ein leistungsstarker Immobilien Investor gewährleisten.