Skip to main content

Grundsteuerreform

Praktische Hinweise für Grundstückseigentümer in Baden-Württemberg

1. Sie sollten im Juni ein Informationsschreiben der Behörden erhalten haben.
2. Sie müssen nur folgende Informationen über ihren Grundbesitz weiterleiten:
– das Aktenzeichen, unter dem die Feststellungserklärung eingereicht werden muss,
– die Grundstücksfläche,
– der Bodenrichtwert
– Angaben zur Nutzungsart des Grundstücks (Wohnen/Nichtwohnen) – denn Grundstücke, die überwiegend zu Wohnzwecken genutzt werden, haben künftig
einen steuerlichen Vorteil (Abschlag = 30 Prozent nur in Baden-Württemberg).
3. Sie benötigen den Bodenrichtwert zum Stichtag 1.1.2022: Das Land hält ein Internet-Portal „BORIS-BW“ bereit, das bei Angabe der Adresse den Bodenrichtwert für die Steuererklärung vorhält!

Im Ganzen dürfen Grundstückseigentümer in Baden-Württemberg der Grundsteuerreform gelassen gegenübertreten. Die Beschränkung auf die Nutzung der Bodenrichtwerte ohne Bewertung der Bauten erlaubt ein einfaches und überschaubares Verfahren ohne große finanzielle Verwerfungen.

Weitere Informationen

Das Bundesverfassungsgericht hat vor einigen Jahren die langjährige Praxis der Erhebung der Grundsteuern für rechtswidrig erklärt und den Gesetzgeber zu einer Reform gezwungen.

Die Reform wurde durch den Erlass von drei Gesetzen vollzogen.

1. Die Zuständigkeit wurde von den Ländern auf den Bund verlagert. Dabei wurde den Bundesländern die Möglichkeit eingeräumt, das Grundsteuermodell des Bundes nach ihren Vorstellungen zu modifizieren.
2. Ein weiteres Gesetz räumt den Ländern die Möglichkeit ein, unbebaute, aber baureife Grundstücke mit einem erhöhten Hebesatz zu belegen. Sie wird als „Grundsteuer C“ bezeichnet.
3. Das eigentliche Gesetz zur Grundsteuerreform enthält deren Grundsätze und Vorgaben zu den zeitlichen Abläufen.

Baden-Württemberg und die Grundsteuerreform

Die Mehrzahl der Bundesländer übernimmt das Grundsteuermodell, das vom Deutschen Bundestag beschlossen wurde. Baden-Württemberg geht einen Sonderweg und erspart sich, seiner Steuerverwaltung und seinen Kommunen so administrative und juristische Unwägbarkeiten auf breiter Front.

Baden-Württemberg belässt nur für land- und forstwirtschaftliche Betriebe das Bundesmodell („Grundsteuer A“) und führt für die anderen Grundeigentümer Landesrecht ein: das modifizierte Bodenwertmodell („Grundsteuer B“).

Das Bundesmodell

Die wesentlichen Faktoren für die Berechnung der Grundsteuer sind
– der Bodenrichtwert;
– die Mietniveaustufe,
– die Grundstücksfläche;
– die Grundstücksart und
– das Alter des Gebäudes.

Bodenrichtwerte gibt es seit langer Zeit. Sie werden durch Gutachterausschüsse festgestellt und sind im Internet für jedermann zugänglich. Sie sind ein bewährtes Mittel der Preisermittlung für Immobilien.

Die Mietniveaustufen werden durch eine Verordnung des Bundesfinanzministeriums festgestellt. Sie dienen zur Ermittlung von Zu- und Abschlägen auf die statistisch ermittelten Netto-Kaltmieten.

Die Bewertung des Grundvermögens hängt von der Grundstücksart ab, dabei wird unterschieden nach bebaut/unbebaut und Wohngrundstück/Nichtwohngrundstück.

Ausführungsrichtlinien zur Anwendung des Begriffs „Alter des Gebäudes“ fehlen bislang.

Die Grundsteuer berechnet sich nach der Formel

Grundsteuerwert x Steuermesszahl x Hebesatz (der Gemeinde).

Die Berechnung des Grundsteuerwerts nach dem Bundesmodell

Der Grundsteuerwert

Grundsätzlich werden zwei unterschiedliche Bewertungsverfahren herangezogen: das Ertragswertverfahren und das Sachwertverfahren. Beide sind gesetzlich geregelt.

Für Ein- und Zweifamilienhäuser, vermietete Häuser und Wohnungen gilt das Ertragswertverfahren, für alle anderen das Sachwertverfahren.

Beide Verfahren sind zwar gut bekannt und werden in der Praxis auch genutzt, sind aber durchaus kompliziert und im Rahmen dieser Ausführungen nicht darstellbar. Vor allem sind sie für Nicht-Fachleute ohne Hilfestellung kaum nachzuvollziehen und die Frage ist berechtigt, ob die Finanzbehörden genügend entsprechend geschulte Mitarbeiter bereitstellen können.

Auch darf vermutet werden, dass möglicherweise die Kosten für die Wertermittlung die zu erwartenden Steuereinnahmen nicht selten überschreiten.

Die Steuermesszahl

Die Steuermesszahl ist ein gesetzlich festgelegter Parameter.

Für Ein- und Zweifamilienhäuser, Mehrfamilienhäuser und Wohnungen beträgt die Steuermesszahl 0,31 Promille, für alle anderen Häuser und Grundstücke 0,34 Promille. Das Gesetz sieht in § 15 GrStG zahlreiche Ausnahmen vor, so eine um 10 % ermäßigte Steuermesszahl für Baudenkmäler und um 25 % bei geförderten Privatwohnungsbau, Baugenossenschaften, gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaften und vergleichbaren Eigentümern.

Der Hebesatz

Die Festlegung des Hebesatzes gilt nach herrschender Meinung als ausschließliches Recht der Kommunen, denen die Einnahmen aus der Grundsteuer auch zustehen.Es wird abgeleitet aus dem Art. 25 des Grundgesetzes, das die Selbstverwaltung der Kommunen garantiert.

Der Hebesatz wird in Prozent angegeben. In Biberach beträgt er nur 200 % für die Grundsteuer A und B, ein im Bundesdurchschnitt niedriger Wert.

Der Hebesatz für die Gewerbesteuer darf nicht mit dem für die Grundsteuer verwechselt werden: Es handelt sich ebenfalls um kommunales Recht, aber um eine gänzlich andere Steuer.

Die Grundsteuer in Baden-Württemberg

Bei der Neuordnung der Grundsteuer konnte in Baden-Württemberg eine fast unbürokratische Lösung erreicht werden.

Die Steuerformel

Grundstücksfläche x Bodenrichtwert = Grundsteuerwert
Grundsteuerwert x Steuermesszahl abzüglich Abschläge = Grundsteuermessbetrag
Grundsteuermessbetrag x Hebesatz der Kommune = Grundsteuer

Die zeitlichen Abläufe

1. Bis Ende 2024 läuft eine Übergangsfrist, während der altes Recht gilt.
2. Grundstückseigentümer sind verpflichtet, zum Stichtag 1.1.2022 eine Erklärung zur Grundsteuer abzugeben. Spätester Termin ist der 31.10.2022. Seit 1.07.2022 ist die Abgabe per ELSTER möglich.
3.Für alle, die ELSTER nicht nutzen wollen, hält das zuständige Finanzamt seit 1.7.2022 einen entsprechenden Vordruck bereit.

Grundsteuer und Landesrecht

Außer Baden-Württemberg haben Bayern, Hessen und Niedersachsen eigenständige Regelungen für die Grundsteuer B getroffen. Das Saarland und Sachsen haben abweichende Größen bei den Steuermesszahlen beschlossen. Im Bereich der Grundsteuer A gelten weitgehend bundeseinheitliche Vorschriften.

Bayern, Hessen und Niedersachsen haben ebenfalls Grundsteuermodelle auf den Weg gebracht, die den Gebäudewert nicht berücksichtigen.

Eigentümer von Grundstücken in anderen Bundesländern müssen sich dagegen darauf gefasst machen, dass es zu längeren Verfahren kommt. Es gibt gegenwärtig keine steuerrechtlich geprüften Verfahren zur massenhaften Bewertung von Bauten nach der Immobilienwertermittlungsverordnung. Das Fehlen von geeigneter Software und einer stabilisierten Rechtsprechung dazu lassen vermuten, dass die Finanzämter in zwei Jahren in großem Umfang gezwungen sein werden, vorläufige Bescheide zu erlassen. Dies wiederum zerstört die Planungssicherheit der Kommunen. In der Folge sind grundsätzliche Diskussionen über die Grundsteuerreform – Bundesmodell zu erwarten.